Süddeutsche: Der deutsche Metzger wird aussterben
München (BZZ) – Die renommierte Süddeutsche Zeitung warnt vor einer kulturellen Katastrophe: der deutsche Metzger, nördlich des Mains Fleischer genannt, werde bald aussterben. in ganz Deutschland gäbe es nur noch 15.000 Geschäfte. Zu groß sei inzwischen die Konkurrenz durch die Supermärkte, zu klein die Zahl der Auszubildenden, die Lust auf den blutigen Job haben. Damit gehe nicht nur ein Beruf, sondern eine Institution im bundesdeutschen Kulturgut verloren. Einen weiteren Grund für den Niedergang der selbständigen Metzger verschweigt die Süddeutsche: die in Deutschland teilweise weit überhöhten Gebühren der staatlichen Veterinäre für Fleischuntersuchungen.
Bevor sie ihren Laden schliessen mussten, hatten viele Metzger bereits in einem ersten Schritt auf eigene Schlachtungen verzichtet. So waren beispielsweise in Baden-Württemberg die Gebühren für die einstige „Fleischbeschau“ für viele Metzger nicht mehr bezahlbar nachdem die Landkreise diese Aufgabe übernahmen. Die Landräte finanzierten ungeniert über Gebühren selbst die Heizung der Ämter und das WC-Papier für eine oft überdimensionierte Veterinärkontrolle. Die Kontrollhoheit lag nicht selten in der Hand jüngerer Tierärztinnen, bisweilen eher frustriert wie motiviert, da sie während ihres Studiums meist andere Berufsziele hatten als Schlachtkörper zu inspizieren. Immer wieder versuchten Anwälte den Gebührenwucher zu stoppen. So erreichte die auf die Fleischbranche spezialisierte Anwaltskanzlei Tuengerthal & Liebenau in Schriesheim bei Heidelberg Urteile vor höchsten Gerichten, u.a. dem EuGH in Luxemburg, doch immer wieder umgingen oder ignorierten die Behörden höchstrichterliche Massstäbe. So ist heute die Fleischuntersuchung in der schwäbischen Provinz kostspieliger als in der schwedischen Hauptstadt Stockholm. Metzger, die sich gegen die Gebühren wehrten wurden nicht selten von den staatlichen Kontrolleuren schikaniert und ihre Einsprüche wurden erst nach Zahlung hoher Gebührenbescheide angenommen.
„Allein in den vergangenen zehn Jahren schrumpfte die Zahl der Fleischerfachgeschäfte um 14 Prozent, berichtet der Deutsche Fleischerverband. 15.500 solcher Geschäfte gibt es noch in Deutschland, und die Chancen, dass sich diese Entwicklung noch umkehren wird, stehen nicht besonders gut“, schreibt jetzt die Süddeutsche. Zum einen sei da die Konkurrenz der Supermärkte. Diese weiten ihr Angebot stetig aus, immer mehr bieten der urbanen Klientel auch zertifiziertes Bio-Fleisch an – damit kann bei weitem nicht jeder Metzger dienen. Das wirkt sich auf die Ertragslage der Fleischer aus: Die Mehrheit der deutschen Metzgerbetriebe erwirtschafte höchstens einmal 350.000 Euro im Jahr, heißt es beim Fleischerverband.
Das sei aber nicht der Hauptgrund für die Misere: Denn auch Fleischer mit gut laufenden Betrieben hätten Probleme, Nachfolger zu finden. Es gibt kaum Nachwuchs, immer mehr Lehrstellen bleiben unbesetzt. Bundesweit gab im Juli dieses Jahres 1829 freie Ausbildungsplätze für Fleischer-Lehrlinge – das sind 17 Prozent mehr als im gleichen Monat des Vorjahres. Die Entwicklung ist nicht nur ein Problem für die Branche. Das Sterben der Fleischerbetriebe habe auch gravierende Auswirkungen auf das die Gesellschaft vor allem in den ländlichen Gebieten. Dort, wo es längst keinen Bäcker mehr gibt, wo der Fleischer der wichtigste Nahversorger ist – und oft der einzige.
Was passiert, wenn so einer keinen findet, der seinen Laden übernehmen will? „Die Leute müssen dann immer weiter wegfahren, um Lebensmittel einzukaufen“, sagt der Verbandssprecher. Das sei auch eine Schwächung für das soziale Leben in so einem Ort. Und ein Schritt in die Anonymität: Kein schneller Schwatz an der Theke mit dem Nachbarn, keine Extra-Scheibe Wurst für den Nachwuchs. Ein paar Jahre noch, dann wird Deutschland nach Meinung der Süddeutschen wohl geschlossen nur noch bei den grossen Ketten im Supermarkt kaufen. Daran mitschuldig sind die Landwirtschaftspolitiker der Länder, welche inzwischen eine überbordende Veterinärbürokratie aus studierten Beamten und Beamtinnen zu unterhalten haben.