Ortenaukreis gibt bei Gebühren nach
Baden-Online vom 23.1.2009
Landrat Frank Scherer zieht bei Fleischhygienegebühren die ReißleineVöllig überraschend hat jetzt der Ortenauer Landrat Frank Scherer die umstrittene Nacherhebung von Fleischhygienegebühren bei Metzgern und Landwirten gestoppt. Es gebe »in allen Fällen« ernstliche Zweifel an deren Rechtmäßigkeit, hieß es.
Aber offensichtlich wusste die rechte Hand nicht, was die linke tat. Da wurde im Dezember noch vom Landratsamt verkündet, alle vorläufigen Gebührenbescheide seien mit einem »Vorläufigkeitsvermerk« versehen worden. Und jetzt, nur wenige Wochen später, stellt sich heraus, dass das nicht stimmt. Unsaubere Aktenführung, so drückt es die Kreisbehörde recht dezent aus, sei die Ursache für diese Fehlleistung gewesen. Man könnte es auch Schlamperei nennen. Zum Glück ordnete der neue Landrat Frank Scherer, der jetzt das ausbaden muss, was vor seinem Amtsantritt verbockt wurde, rasch eine gründliche Überprüfung an. Nur so war es möglich, noch während des Anhörungsverfahrens die groben Schnitzer zu entdecken. Ansonsten hätte der Kreis spätestens vor Gericht – bei einem von den Betroffenen angestrengten Prozess – wohl Schiffbruch erlitten. Was bleibt, ist nicht nur der Vertrauensverlust von Bürgern in die Kompetenz einer Behörde, deren Zuständigkeiten durch die Verwaltungsreform vor einigen Jahren enorm gesteigert wurden. Gleichzeitig hat das Landratsamt, das sich stets rühmt, den ländlichen Raum besonders zu fördern, viele Bauern und Metzger verprellt. Der Kreis braucht jedoch die Kooperation mit der Landwirtschaft, um den Tourismus, die Offenhaltung der Schwarzwaldlandschaft und den Umweltschutz voranzubringen. Hintergrund: Fleischhygienegebühren
Bei der Erhebung der Fleischhygienegebühren gab es seit den 90er Jahren ein großes Durcheinander. Ursprünglich war das Land Baden-Württemberg dafür zuständig. Allerdings wurden zwei Gebührenverordnungen des Landes aus den Jahren 1995 und 1998 von den Verwaltungsgerichten zurückgewiesen. Im Dezember 2004 übertrug das Land die Zuständigkeit dafür an die Landkreise – und zwar rückwirkend zum 1. Juli 1995.
Im April 2005 erließ das Landratsamt Ortenaukreis eine Gebührenordnung, die aber erst ab diesem Jahr galt. Die endgültigen Sätze für die Jahre davor, um die sich der jetzige Streit dreht, wurden erst Anfang 2008 fixiert. Vorher hatte man für den Zeitraum nur vorläufige Gebührenbescheide verschickt, die – wie sich jetzt herausstellte – aber längst nicht immer als solche gekennzeichnet wurden.
Ausschlaggebend war und ist für den Kreis die Annahme, dass ein Verzicht auf die Nachforderungen nicht zulässig ist, da dieser von der EU als nicht erlaubte Subvention gewertet werde. Allerdings teilen diese Ansicht nicht alle Experten. Landrat Frank Scherer legt jedenfalls Wert auf die Feststellung, dass der nun verfügte Stopp bei der Nacherhebung keine politische Lösung – quasi eine Erstattung – ist. Er sei vielmehr aus rechtlichen Gründen erfolgt.
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