Protest gegen Neuregelung der Lademöglichkeiten für Tiertransporte
Bonn/München/Berlin (ba/vfz/fr) – Wie die vfz-Handelszeitung aus gut unterrichteten Kreisen erfahren haben will, wird das Handbuch Tiertransporte nunmehr doch mit geändertem Text zur Laderaumhöhe, den Ländern zur Verfügung gestellt. Soweit bisher bekannt wurde, enthält das Handbuch den Hinweis, dass bei Rindertransporten ein Abstand zur Decke von 20 cm einzuhalten ist, von denen nur im Einzelfall – und wenn Tierschutzgründe nicht entgegenstehen – abgewichen werden darf.
Inwieweit das Handbuch Tiertransporte nun tatsächlich Rechtskraft besitzt, obliegt einer juristischen Prüfung. Sicher ist jedoch, dass das Handbuch einen, wenn auch nur gewissen Hinweischarakter besitzt. Eine große Anzahl von Veterinären hält sich jedoch – zumindest in großen Zügen – an die Empfehlungen, die in dem Handbuch Tiertransporte veröffentlicht werden.
Sollten sich die Informationen der vfz–Handelszeitung bestätigen, hätten sich die Bundesländer Hessen und Thüringen mit ihrer Auffassung bezüglich des Tiertransporte und des zur Verfügung stehenden Freiraumes über den Tieren, durchgesetzt. Niedersachsen, so war zu erfahren, hat zwar eine anders lautende Meinung zu Protokoll gegeben, wobei nicht bekannt ist, in welche Richtung diese Meinung tendierte.
Völlig offen ist derzeit, auf welcher wissenschaftlichen Grundlage die Autoren des Handbuches Tiertransporte zu der Entscheidung gelangt sind, die 20 cm Abstand zur Decke in dem Papier festzuschreiben? Soweit von der vfz-Handelszeitung zu erfahren war, existiert weder eine europäische noch deutsche Untersuchungen, die eine derartige Festschreibung – aus wissenschaftlicher Sicht – in irgend einer Form notwendig erscheinen ließen.
Interessant in diesem Zusammenhang dürfte auch sein, ob von Seiten der Tiertransporteure, bzw. des Viehhandels, eine Klage in dem Falle eingereicht wird, sobald der erste Tiertransport wegen zu geringem Zwischenraumes zwischen Tieren und Decke, nicht abgefertigt, bzw. angehalten wird.
Problematisch dürfte es auch für die Schlachtbetriebe werden. Sieht man sich hier an der Rampe nunmehr gezwungen, mit dem Zentimetermaß nachzumessen bzw. bleibt die Frage im Raum stehen, ob sich der Schlachtbetriebe an die Empfehlungen der im Handbuch Tiertransporte veröffentlichten Maße überhaupt halten muss, bzw. ob sie für den Schlachtbetrieb von Relevanz sind, wenn die Tiere an der Rampe angeliefert werden?
Sollte sich das Klima beim Thema Tiertransporte weiter so verschlechtern, wie zu befürchten besteht, also von interessierter Seite Empfehlungen und Ähnliches durchgedrückt werden, die über keinerlei wissenschaftliche Grundlagen verfügen und zudem noch völlig praxisfremd sind, kann man sich bereits heute auf eine Klagewelle bei den zuständigen Gerichten einstellen.
Besonders hart würden diese Maßnahmen die viehhaltenden deutschen Landwirte treffen. Bereits ein Transport von nur wenigen Kilometer würde sich – wenn nur noch einstöckig gefahren werden könnte – kostenmäßig für die Landwirte teilweise verdoppeln, was sich auf längeren Strecken finanziell erheblich bemerkbar machen dürfte.
Aufgrund des nicht von der Landwirtschaft und schon gar nicht vom Agrargewerbe zu verantwortenden Strukturwandels innerhalb der Schlachtbranche, ist ferner davon auszugehen, dass sich in Zukunft fast doppelt so viele Lastwagen auf den Landstraßen bewegen, wie bisher. Bekanntlicher weise ist in einigen Gebieten die Anzahl der Schlachthöfe so weit zurückgegangen, dass auch hier, bei bestem Willen, nicht mehr von einem Kurztransport, zwischen Stall und Schlachthof, gesprochen werden kann.
Ernste Sorgen dürfte sich in diesem Zusammenhang auch Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner machen. Hatte sie doch noch vergangene Woche bei der Vorstellung des agrarpolitischen Berichtes der Bundesregierung im Bundeskabinett davon gesprochen, dass sich die wirtschaftliche Lage der Landwirtschaft wieder verbessert habe. Sollte es zu einer drastischen Erhöhung der Frachtkosten für die Landwirte beim lebenden Vieh kommen, dürfte die Ministerin ihre positiven Wirtschaftsprognose für die Landwirtschaft, nicht nur über Bord schmeißen müssen, sondern auch davon ausgehen, dass das Viehgeschäft für Landwirtschaft unter Umständen in den kommenden Wirtschaftsjahren mit einem dicken Minus abschließt. Dies hätte wiederum erhebliche Auswirkungen auf die Verbraucherpreise beim Fleisch, wie auch auf die Verfügbarkeit deutschen Fleisches – aus der Region für die Region – da es in einigen Regionen dann gar kein Fleisch (Vieh) mehr in ausreichender Menge geben wird! Dann wäre Ilse Aigner als Bundesverbraucherministerin gefragt und zum Handeln gezwungen, wenn sie dieses nicht schon jetzt – als Bundeslandwirtschaftsministerin – tun möchte.
Die zu erwartenden Auswirkungen für den Lebendviehexport, dem ein wesentlicher regulierenden Charakter für den deutschen Inlandsmarkt und Inlandspreis zukommt, sind bei allen Prognosen noch gar nicht abschließend zu werten.