Leistungsstärkste Solaranlage der Deutschschweiz im Rheintal
Aus einem Fischzüchter wird ein Stromproduzent
Oberriet, St. Gallen (BZZ) – Das St. Galler Rheintal macht der Stadt Basel Konkurrenz und nimmt ihr einen Rekord ab. Weil dort die Sonne länger und intensiver scheint als am Rheinknie, wird in Oberriet die leistungsstärkste Dach-Solaranlage der Deutschschweiz entstehen. Die Pläne für die Anlage wurden in den vergangenen drei Monaten fertiggestellt und nach der behördlichen Genehmigung kann mit dem Bau sofort begonnen werden.
Auf dem Dach seiner stillgelegten Fischfarm will der in Liechtenstein wohnhafte deutsche Industrielle Hans Raab auf einer Fläche von 10 000 qm jährlich 1 252 008 Kilowattstunden Strom erzeugen. Die Anlage ist damit zwar geringfügig kleiner als die Konkurrentin in Basel mit 12 000 qm Nutzfläche, doch errechnet sich durch die intensivere und längere Sonneneinstrahlung im St. Galler Rheintal eine um über 200 000 Kilowattstunden höhere Leistung. Damit könnte der Jahresverbrauch von etwa 600 Familien im Umland von Oberriet gedeckt werden. Die geplante Anlage hat einen zusätzlichen Standortvorteil, denn sie ist nur etwa 300 Meter von einem Umspannwerk der St.Gallisch-Appenzellische Kraftwerke AG (SAK) entfernt, was einen extrem kurzen verlustarmen Übertragungsweg für die erzeugte Solarenergie bedeutet.
Gemeindepräsident Rolf Huber wurde am Donnerstag von den neuen Plänen informiert und zeigte sich sehr erfreut. Er musste bisher befürchten, dass im Gewerbegebiet seiner Gemeinde die leere Fischfarm als nutzlose Industrieruine an den Rechtsstreit zwischen Betreiber und Kanton erinnert. Künftig könnte Oberriet ein Symbol für alternative Energieerzeugung in der Schweiz werden.
Die Halle, die für die Erzeugung von Solarstrom genutzt wird, beherbergte in der Vergangenheit die weltgrösste Indoor-Fischfarm. Sie wurde wegen Differenzen mit den Veterinären des Kantons St. Gallen im Frühjahr 2011 geschlossen. Gegen den Kantonstierarzt Dr. Thomas Giger hatte Hans Raab im Mai Strafzeige wegen Anstiftung zur Tierquälerei erstattet, weil dieser den Einbau einer umstrittenen elektrischen Betäubungsanlage angeordnet hatte. Das Kantonsgericht verwarf zwar inzwischen die Anzeige, doch nach einer Beschwerde von Hans Raab muss jetzt das Bundesgericht entscheiden, ob ein Strafverfahren gegen den Amtsveterinär eingeleitet werden darf.
Bis heute war die Fischfarm wegen eines laufenden Konkursverfahrens zudem unter Beschlag des Konkursamtes St. Gallen. Da die Gläubiger jedoch den vom Konkursamt verlangten Kostenvorschuss innert Frist nicht bezahlten, wurde das Konkursverfahren am Donnerstag eingestellt und die Verfügungsgewalt wird am Freitag an die Eigentümerin, die HaRa International AG in Schaan in Liechtenstein, zurückgegeben. Eine Expertenkommission der Eigentümerin, darunter ein für die EU-Kommission tätiger Fischzuchtexperte aus Island, wird bei der Rückgabe prüfen, in welchem Zustand die Anlage sich befindet und ob allenfalls Schäden im bakteriologischen Bereich der Kreislaufanlage und im Wasserhaus entstanden sind. Dort wird Tiefenwasser aus 1360 m Tiefe gefördert. Fische befinden sich seit dem Frühjahr nicht mehr in der Fischfarm. Für die Inneneinrichtung der Fischfarm, die etwa 20 Millionen Franken Neuwert hat, gibt es seit Monaten Kaufinteressenten vom Persischen Golf. Logistisch wäre ein Lufttransport der zerlegten Innereien der Farm via Kloten machbar.